Weidenblättriges Rindsauge, Bild: Benedikt Dittli

Wildstaude 2023 – Weidenblättriges Rindsauge

Schöner goldgelb leuchtet keine andere, und meist zieht sich der Blütenreigen des Weidenblättrigen Rindsauges über den ganzen Sommer hinweg. Bioterra ehrt dieses wunderbare einheimische Gewächs und kürt es zur Wildstaude des Jahres 2023.

Text von Adrian Möhl

Ein Ochse oder ein Rind? Volksnamen hat der gelbblütige Korbblütler verschiedene, und man findet in den Bestimmungs- und Wildblumenbüchern etwa gleich oft die Bezeichnung «Ochsenauge» wie «Rindsauge». Im grossen Nachschlagewerk, der «Flora Helvetica», heisst sie ganz offiziell «Weidenblättriges Rindsauge», eine direkte Übersetzung des wissenschaftlichen Namens Buphthalmum salicifolium.

Die Blätter dieser Art erinnern in der Tat etwas an Weidenblätter, und die von Zungenblüten gesäumten Köpfchen können mit etwas Fantasie durchaus mit Augen von Rindviechern verglichen werden – auch wenn Goldauge eigentlich der passendere Name wäre. Eine gelbe Margerite, würden vielleicht manche sagen – wobei man sie mit einer Margerite wohl kaum verwechseln würde. In der einheimischen Flora gibt es aber durchaus eine Art, die ihr sehr ähnlich sieht, nämlich der Weidenblättrige Alant Inula salicina. Dieser bewohnt aber zum einen Feuchtwiesen, zum anderen wirkt er meist struppiger und weniger «aufgeräumt» als unser Rindsauge.

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Schmalblättrige Staude mit goldgelben Blütenständen, die rund einen halbe Meter hoch wird. Mag sonnige Lagen und wechselfeuchte Böden. Bei guter Pflege blüht sie den ganzen Sommer und lockt viele Insekten an.

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Wer das Rindsauge in der Natur finden möchte, wird am ehesten in Magerwiesen erfolgreich werden. Am häufigsten findet man es an wasserzügigen Hängen, wo es mitunter grosse Bestände bilden kann. In den östlichen Landesteilen und besonders in den Bergen ist es am weitesten verbreitet. Grosse Bestände der «Gelbäugigen» gibt es zum Beispiel in der Voralpenkette am Thuner- und Brienzersee, um den Urnersee, in den Glarner Alpen, im Rheintal und im Unterengadin. Diesen Gebieten ist gemeinsam, dass sie in den Kalkalpen liegen, oft aber schiefrigen und wasserundurchlässigen Untergrund aufweisen – was für ideale wechselfeuchte Verhältnisse sorgt.

Wenig gedüngte Bergwiesen und Wildheuflächen auf sogenanntem Flysch sind ein wahres Eldorado für das Rindsauge. Was für eine Freude, wenn die dottergelben Blütenstände im Mittsommer alle geöffnet sind! Dann werden sie meist auch von Bienen, Hummeln und Schmetterlingen umschwärmt, weil die Pflanzen reichlich Nektar und Pollen anbieten. Wenn sie dann gemeinsam mit Flockenblumen, Salbei und Skabiosen um die Wette blühen, dann möchte man die wunderbare Farbenpracht am liebsten als Ganzes in den eigenen Garten bringen.

Wem Wanderungen zu den wild wachsenden Rindsaugen zu aufwendig sind oder wer die goldig blühenden Korbblütler ganz einfach zu Hause pflegen möchte, wird glücklich sein, zu erfahren, dass Weidenblättrige Rindsaugen sehr genügsame, einfach zu pflegende Gartenpflanzen sind. Sie verlangen lediglich genügend Licht, dulden keine zu üppige Konkurrenz und freuen sich über einen regelmässigen Schluck Wasser. Entsprechend ihrem natürlichen Vorkommen mögen sie kalkhaltige, nicht zu schwere Böden. Wer sie im Frühjahr auspflanzt, wird sich den ganzen Sommer an dieser Staude freuen können. Ideale Begleiter sind etwa Skabiosenblättrige Flockenblume Centaurea scabiosa, kleine Bibernelle Pimpinella saxifraga und Wiesensalbei Salvia pratensis, zu welchen die goldfarbenen Blütenstände besonders schöne Kontraste bilden.

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WILDSTAUDE DES JAHRES

Einheimische Wildstauden sind winterhart und treiben im Frühling wieder aus – im Gegensatz zu einjährigen Zierpflanzen, die jedes Jahr wieder neu gekauft werden müssen. Einheimische Wildstauden sind nachhaltig, robust, pflegeleicht und vor allem auch die natürlichen Futterpflanzen für unsere Insekten – eine Bereicherung also für den Bio- und Naturgarten. Darum hat die Organisation Bioterra anlässlich ihres 75-jährigen Bestehens 2022 beschlossen, jedes Jahr eine einheimische Wildstaude zu küren, um auf diese langlebigen Blütenpflanzen und ihre Bedeutung für die Biodiversität aufmerksam zu machen.

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