D A H L I E N Bunt leuchtender Dahliengarten. «Dahlien haben längst ihren Ruf als spiessige Vorgartenblumen abgelegt. Sie erleben derzeit eine regelrechte Renaissance.» Vo n S a n d ra We b e r Im Spätsommer entfaltet sich in Liestals Süden ein florales Feuerwerk an Farben und Formen. Die Dahlien im Schaugar- ten von Dieter Webers und Nadia Grabers Bio-Hof Obere Wan- ne öffnen ihre Blüten. Auf 4000 m2 präsentieren die beiden rund 500 Sorten: von kugelrunden Ball-Dahlien über die Dekorativ-, Kaktus- und Seerosen-Dahlien bis zu Halskrau- sen-, Hirschgeweih- und Pompon-Dahlien – allesamt in Bio- Qualität. Eine Rarität. Bisher ist Dieter Weber der Einzige schweiz- weit, der Bio-Dahlienknollen im grossen Stil anbietet und so eine regionale und ökologische Alternative zu den ressour- cenintensiv arbeitenden Züchtern und Händlern im Ausland bildet. Einkaufen muss aber auch er bei konventionellen Händlern. «Bei den Grossen in Deutschland und Holland stos- se ich immer wieder auf Erstaunen und Unverständnis», er- zählt Weber. «Ich wurde gar schon gefragt, ob ich auch noch mit Ross und Wagen arbeite. Die können nicht verstehen, warum ich mir die Mühe machen möchte, Blumen biologisch zu ziehen.» Für ihn als Bio-Bauern kam aber gar nichts an- deres infrage. «Nun, wo wir uns ein gewisses Sortiment auf- gebaut haben, gibt es allerdings nur noch wenige neue Sorten pro Jahr.» Dann etwa, wenn eine Sorte virusanfällig ist, Weber von einer Sorte eine ähnliche bessere findet oder auf eine Besonderheit stösst, die er testen möchte. Den Grossteil sei- ner Dahlien vermehrt er jedes Jahr selber über Stecklinge. Die neu eingekauften Knollen kommen vorerst an einem se- paraten Ort in den Boden. Im Folgejahr produziert der Bauer von diesen Pflanzen Stecklinge. Es sind dann wiederum deren Knollen, die er an seine Kunden weiterverkauft, denn erst nach diesem Prozess darf er die Pflanzen mit dem Bio-Label zertifizieren. Begonnen hat die Dahliensache eigentlich mit Sonnen- blumen. Die hatte Dieter Weber nach seiner Hofübernahme 1994 als Gründüngung gepflanzt und spontan entschieden, daneben ein «Zum Selberpflücken»-Schild zu montieren. Er wurde völlig überrannt – bis zu 20 Autos seien manchmal gleichzeitig auf dem Parkplatz gestanden. «Es war, als hätten wir in ein Wespennest gestochen.» Also entschloss sich der Bio-Bauer, weitere Blumen anzubieten, Stauden und einjäh- rige Sommerblumen wie Kosmeen, Bergastern, Skabiosen, Zinnien und eben Dahlien. Und tatsächlich lief auch dieses Projekt so erfolgreich, dass der Agronom entschied, seinen spannenden Job als Berater beim Forschungsinstitut für bio- logische Landwirtschaft FiBL an den Nagel zu hängen und voll und ganz auf den Hof zu setzen, den er ursprünglich nur als Nebenerwerbsbetrieb hatte führen wollen. «Da haben ei- nige Leute gedacht: Jetzt spinnt er völlig!», sagt er schmun- zelnd. DAHLIEN SIND WIEDER BEGEHRT Es seien eigentlich stets Bauchentscheide, die er treffe. «Wenn ich den Verstand allein walten lasse, kommt es meist nicht gut. Meine Frau Nadia ist dann nicht selten die Stimme der Vernunft, die meiner Euphorie, wenn nötig, etwas Gegen- steuer gibt.» Bisher hat der innovative Bauer mit seinen Bauchentscheidungen immer ins Schwarze getroffen. Erst bei der Umstellung des über 235 Jahre alten Familienbetriebs auf biologische Landwirtschaft, dann bei der Anschaffung von rund 2500 Hühnern, die er nach den strengen Richtlini- en von «kagfreiland» hält und die mit ihrem Mist den nötigen Dünger für die Felder liefern, mit den Schnittblumen und F O T O S : B E N E D I K T D I T T L I B I O T E R R A 6 / 2 0 1 5 23