Zeitschrift «Bioterra» 7

Zeitschrift «Bioterra» 7_2022

EDITORIAL WAS FÜR EIN GEBURTSTAGSFEST! Überraschend, liebevoll, interessant, originell, lehrreich, spannend, engagiert, unterhaltsam. Ich könnte endlos Adjektive auflisten, um die Veranstaltungen zu beschreiben, die unsere Bioterra-Regionalgruppen am 24. und 25. September organisiert haben. Hätte Mina Hofstetter, die Pionierin des biologischen Landbaus, nach der Gründungsfeier von Bioterra vor 75 Jahren eine Zeitreise zu uns machen können, ich bin sicher, sie wäre begeistert gewesen, wie sich ihre Ideen entwickelt haben. Ich verneige mich darum an dieser Stelle vor all den Freiwilligen, dank deren das Bioterra-Geburtstagsfest – trotz teils heftigster Regenschauer – grossartig wurde! Eine kleine Rückschau der Jubiläums-Events haben wir für Sie ab Seite 60 zusammengestellt. Nicht zuletzt diesem Engagement in den Regionalgruppen ist es zu verdanken, dass wir dieses Jahr wieder mehr Menschen mit unserer Zeitschrift erreichen konnten. 17 527 erhielten sie von April 2021 bis März 2022 via Post, Gartencenter oder über den Kiosk. 220 mehr als im Vorjahr, wie die offizielle Beglaubigung durch die WEMF AG ergeben hat. Auf dass es uns gelingen möge, 2023 noch mehr Menschen für biologisch naturnahes Gärtnern zu begeistern. Ich wünsche Ihnen ein friedvolles Ausklingen dieses alles andere als leichten Jahres. Auf Wiederlesen im Januar. Christine Kunovits Chefredaktorin «Bioterra» N O V . / D E Z . 2 0 2 2 F R. 9. 5 0 G Ä R T N E R N | G E S T A L T E N | G E N I E S S E N ANGEBOTE TOLLE GESCHENK- IDEEN FÜR WEIHNACHTEN ZIERGARTEN 10 SPEZIELLE PFLANZENTIPPS FÜR 2023 BIOGARTEN BEETE ABRÄUMEN UND DAS NÄCHSTE JAHR PLANEN LICHTSPIEL im Gräsergaren Titelbild | Herbststimmung im Garten, Foto: Benedikt Dittli 2 B I O T E R R A 7 / 2 0 2 2 | F O T O : Z V G

INHALT GRÄSERGARTEN Regula Nast hat sich mit viel hoﬀnungsvollem Optimismus das Naturgartenparadies ihrer Träume erschaﬀen Seite 14 75 JAHRE BIOTERRA Als die Biogärtner zu Bioterra stiessen Seite 26 PFLANZENTIPPS Zehn Biogärtner*innen verraten ihre Lieblinge Seite 50 Saison Wie der Bio-, Natur- und Balkon- garten im November ⁄ Dezember gepﬂegt wird ..................................................... 4 Gräsergarten Wie aus einem unwegsamen Gelände ein grosser Gräsergarten wurde .................................................... 14 S E R I E : 75 Jahre Bioterra Wie wenig sich Deutschschweizer und welsche Biogärtner unter- scheiden ................................................... 26 S E R I E : Gestaltung Wie der Aussenraum eines Mehr- familienhauses gestaltet wurde ................................................... 32 A N G E B OT: Naturkosmetik Wie aus Kräuterdestillaten hoch- wertig produzierte Naturkosmetik entsteht ................................................... 34 Spenden Wie Sie mit Ihrer Unterstützung Bioterra weiter wachsen lassen .................................................. 42 S E R I E : Biogarten Wie der Garten am Grenzsteig langsam in die Winterpause geht ................................................... 44 Pflanzentipps Wie Biogartenproﬁs ihre blühenden Lieblinge beschreiben ................................................... 50 Weihnachtsbacken Wie Buchautorin Lynn Hoefer köstlich gesunde Guetsli backt ................................................. 54 Porträt Wie Anna Schweiger Biodiversität mit Satelliten und Flugzeugen untersucht .................................................... 58 Rubriken Notizen ..................... 24 Gartenberatung ........... 4 1 Bioterra leben ............. 60 Vorschau/Impressum ... 66 Angebote ................ 67 Bestelltalon ............. 7 1 NATURKOSMETIK Pﬂegeprodukte aus wert- vollen Kräuteressenzen Seite 34 VEGANE GUETSLI Feines Weihnachtsgebäck, gesund und vollwertig Seite 54 F O T O S : B E N E D I K T D I T T L I , G A P P H O T O S , N A T A C H A S A L A M I N , L Y N N H O E F E R | I L L U S T R A T I O N : P A T R I C K W I D M E R | B I O T E R R A 7 / 2 0 2 2 3

S AISON Herbstlaub — Vorzüglicher Humus, der vom Himmel fällt Sobald der Herbst die Blätter färbt und sie von den Bäumen fallen, wird uns ein hervorragender Humusbildner frei Haus geliefert. Regenwürmer und viele Kleinlebewesen zersetzen das organi- sche Material zu fruchtbarem Humus. Etwas problematisch ist allerdings Ahornlaub (Bild), das durchsetzt ist mit Propeller-Samenständen. Das Laub verrottet zwar gut, aber im Frühling keimen überall kleine Ahornbäumchen, die sich mit starken Wurzeln im Boden festkrallen. Den Blättern des Haselstrauches wird sogar eine positive Wirkung auf das Bodenleben, speziell auf Regenwürmer, zugeschrieben. Dem leuchtend gelben Laub der Linden kann fast dabei zuge- geschaut zugeschaut werden, wie es verrottet. Die Laubschicht kann von ganz dünn auf Beeten bis etwas dicker unter Gehölzen variieren. Buch — Alles ganz einfach Ein echt patentes Anleitungsbuch zur Selbstver- sorgung, das Marie Diederich da geschrieben hat. Es beginnt beim Gemüseanziehen und der Stand- ortwahl, führt über das Hühnerhalten und endet beim Verarbeiten der Gartenschätze endet. Mit Tipps auch für Einsteiger, die Mut machen, dranzubleiben. Selbstversorgung, Marie Diederich, Löwenzahn-Verlag, 2022, Fr. 39.90, Bestelltalon Seite 71 Rosen — BLÜTE BIS ZUM ERSTEN FROST Herbstzeit ist Rosenzeit. Solange der Boden noch nicht gefroren ist, können wurzelnackte Rosen gepflanzt werden. Pralle Hagebutten in all ihrem Farben- und Formenreichtum schmücken im Herbst den Garten. Einigen Rosen gelingt es sogar noch, kurz vor Winter- einbruch, ihre zarten Blütengestalten zu entfalten. Das Porzellanrosa von ‘New Dawn’, das Kupferorange von ‘Westerland’ (Bild), das zarte Weiss von ‘Aimee Vibert’ oder das Apricot von ‘Abraham Darby’ fügen sich in die Herbstfarben des Gartens wunderbar ein. Allerdings fällt die Herbstblüte wesentlich schwächer aus als die Blüten- fülle im Mai. Einige Rugosa-Sorten setzen sogar Blüten und Hagebutten am selben Strauch an. Möglich macht die späte Blüte ein kräftiger Sommer- schnitt der Rosen Anfang August. F O T O S : G A P - P H O T O S , I D I H Ä B E R L I F O T O S : M A U R I T I U S I M A G E S , G A P | B I O T E R R A 7 / 2 0 2 2 5

SAISON Dürfen wir vorstellen — Der Grosse Wollschweber Der Grosse Wollschweber Bombylius major ist eines der skurrilsten Insekten im Garten. Wie ein Kolibri schwebt der kleine hummelartige Körper mit den goldgelben Härchen vor den ersten Frühlingsblühern, stützt sich dann mit seinen langen, staksigen Vorderbeinen auf der Blüte ab und steckt seinen nach vorne gerichteten, langen Saugrüssel in den Kelch, um sich mit Nektar zu versorgen. Seine Eier wirft das Weibchen vor die Eingänge von Wildbienennestern, deren Nahrungsvorräte und später auch deren Larven die Wollschweber-Larven dann fressen. Sauerklee — WINTERSCHLAF IM DUNKELN Glücksklee Oxalis tetraphylla ist mit seinen vier Fiederblättchen ein Glück versprechendes Mitbringsel zum Neujahr. Die Sorte ‘Ironcross’ (Bild) mit dem dunklen Inneren ist seit bald 100 Jahren in Kultur und blüht zartrosa. Hie und da sieht man auf schattigen Balkonen den Roten Glücksklee Oxalis triangularis, er bildet mit der Zeit einen circa 30 cm hohen Horst, seine Blätter sind dreiteilig und violettrot gefärbt. Beide Glückskleearten werden ent- weder mit ihrem zierenden Laub im Hausüberwintert und nur spärlich gegossen oder sie werden ab Oktober trockener gehalten, bis die Blätter einziehen, dann werden die Töpfe kühl und dunkel in Kellerraum oder Garage überwintert. Waldreben — Mit Ranken Kugeln formen Die Gemeine Waldrebe Clematis vitalba lässt sich im frischen Zustand leicht zu Kugeln formen. Diese dienen im Winter kleinen Insekten und Spinnen als Unterschlupf. Da die Pflanze hautreizende Inhaltsstoffe besitzt, sollten Handschuhe getragen werden. Triebe einen Tag in Wasser einweichen, dann für eine Kugel zwei Kreise mit Wickeldraht im 90-Grad-Winkel ineinander binden. Weitere Ruten einflechten. Anfang und Ende ins Innere stecken. Die wetterfesten Kugeln sind jahrelang haltbar. Und sie sind eine hübsche Weihnachtsdekoration für draussen. 6 B I O T E R R A 7 / 2 0 2 2 | F O T O S : B E N E D I K T D T I T T L I , G A P P H O T O S | I L L U S T R A T I O N : A N N A - L E A G U A R I S C O

GESTALTEN MIT PFLANZEN — der Tipp vom Gartenproﬁ Andreas Dinkel gaertnerei-distelfink.ch Blut-Weiderich Lythrum salicaria Höhe: 60-120 cm 3× 2× Abbisskraut Succisa pratensis Höhe: 40-100 cm 1× Grosser Wiesenknopf Sanguisorba officinalis Höhe: 60-120 cm 1× Arznei-Baldrian Valeriana officinalis Höhe: 70-150 cm *Pflanzen für 1,5 m2 S AISON Diese Staudenpflanzung eignet sich für einen frischen bis feuchten Standort an halbschattiger bis sonniger Lage. Die Blütezeit dieser hoch wachsenden Stauden erstreckt sich von Mai bis September. Valeriana offici- nalis werden im hinteren Bereich gepflanzt, die rest- lichen Stauden darum herum. Diese Kombination bietet vielerlei Insekten eine Nahrungsquelle und ist Futterpflanze für Schmetter- lingsraupen. Die Blüten- pracht beginnt im Mai mit dem Arznei-Baldrian. Im Juni folgen dann der Blut- Weiderich und der Grosse Wiesenknopf. Beide sind mit ihrer Herbstfärbung auch nach der Blüte sehr dekorativ. Im Juli folgt mit dem Abbisskraut die letzte Staude mit ihren Blüten. Sie sind ein besonderer Insektenmagnet. Seerosen — UMZUG NICHT NÖTIG Die meisten Seerosen sind entgegen der allgemeinen Meinung sehr robust und müssen für den Winter nicht in tiefere Teichzonen oder frost- freie Winterquartiere umziehen. Sie verschlafen den Winter am besten dort im Wasser, wo sie sind. Nur tropische und sub- tropische Arten werden frostfrei in einen Eimer mit Wasser gestellt. Fliegenpilz — Ursprung des Namens Der Fliegenpilz ist der Pilz des Jahres 2022. Für Menschen ist der Fliegenpilz giftig, er verursacht Übelkeit, Schwindel und schwere Halluzinationen. Früher wurden getrocknete Fliegenpilze in Milch eingelegt oder gekocht, um damit Fliegen anzulocken und zu töten. Daher hat der Pilz seinen Namen. B E R L F O T O S : A N D R E A S K U N Z E , G A P P H O T O S , M A U R I T I U S I M A G E S | B I O T E R R A 7 / 2 0 2 2 7

NATURGARTE N Wer kann schon ein Wäldchen sein Eigen nennen? «Ich geniesse mein Haus, den Garten und das Schwimmen in der Aare.» Von Carmen Hocker V iele hätten aufgegeben. Oder erst gar nicht angefangen. Denn die Leichtigkeit der Grä- ser, die im Garten von Regula Nast den Ton angeben, täuscht. Bis die Besitzerin ihren Garten wirklich geniessen konnte, hatte sie zahlreiche Steine aus dem Weg zu räumen. Nach fünf Minuten Busfahrt ab Bahnhof Aarau steht man zunächst etwas verloren da: Rechterhand ein Industriegebiet, geradeaus eine grosse Ausfallstrasse und unter der Brücke ein brei- tes Bahntrassee. Erst auf den zweiten Blick entdeckt man eine kleine Strasse, die entlang der Gleise zu einer An- sammlung von Häusern führt. Regula Nast liess sich von diesem unwirtlichen Umfeld nicht abschrecken, als sie sich 2008 für den Kauf ihres Hauses aus den 1950er-Jah- ren entschied. Für sie zählten die Grösse des Umschwungs (1600 m2) und die Nähe zur Aare. In nur zwei Minuten erreicht man durch ein kleines Wäldchen hinter dem Filigrane Ähren des Lampenputzergrases im Spätherbst. 16 B I O T E R R A 7 / 2 0 2 2 |

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