G A R T E N I M S Ü D E N Der mediterrane Garten liegt oberhalb des Lago Maggiore. Kamelien gehören seit über 200 Jahren zur Gartenkultur am Lago Maggiore. Von Carmen Hocker Schwindelfrei muss sein, wer das 3000 m2 grosse Grundstück von Barbara Eberhard erkunden möchte. Die schmalen Ter- rassen oberhalb des Lago Maggiore sind teilweise weniger als zwei Meter breit, gestützt von vier Meter hohen Mauern – ohne Absturzsicherung. Doch trotz dieser erschwerten Rah- menbedingungen hat die Pflanzenliebhaberin es geschafft, gut 100 verschiedene Kamelien anzusiedeln. Und ein Ende ist nicht abzusehen: «Wenn man will, findet sich immer noch ein Platz», sagt Barbara Eberhard und zeigt lachend auf eine Reihe Zöglinge in kleinen Töpfen, die auf ihren Platz im Gar- ten warten. Es sprudelt geradezu aus ihr heraus, wenn sie beginnt, über ihre Liebe zu den asiatischen Blütensträuchern zu reden. Eine überraschende Liebe, kennt man nur die frühen Jahre ihrer Biografie. VOM BIOGEDANKEN ANGETAN Während Barbaras Mutter ein Blumengarten wichtig war, begann sie selbst mit Nutzpflanzen zu gärtnern. Nachdem die studierte Psychiaterin Mutter von drei Kindern wurde, widmete sie sich zunächst ausschliesslich der Familie. Vom Biogedanken früh in den 70er Jahren angetan, wollte sie ihre Kinder gesund ernähren. Zudem erschien ein biologisch be- wirtschafteter Nutzgarten die naheliegende Ergänzung zum neu gebauten Haus, das nach baubiologischen Kriterien er- stellt wurde. In einem Bioterra-Kurs lernte sie die Grundlagen für den Anbau von Gemüse und für gesunden Boden. 1985 wurde sie Teil des Vorstands und initiierte an der Olma 1990 erstmals eine Sonderschau zum Thema «Biolandbau». Ein Jahr später wurde sie Vereinspräsidentin. Weiter führte ihr Weg in die Politik, wo sie 20 Jahre als Kantonsrätin aktiv war und zuletzt auch acht Jahre als Stadträtin in St.Gallen. Bewusst gesucht hat Barbara Eberhard die Kamelien nicht. Auch das Buch «Die Kameliendame» von Alexandre Dumas habe sie nie gelesen. Vielmehr hätten sie sich in ihr Herz geschlichen, als sie mit ihrem Mann 1998 ein Ferienhaus im italienischen Cannobio, acht Kilometer von Brissago entfernt, kaufte. Ausser ein paar Hanfpalmen und dichtem Brombeer- gestrüpp gab es auf dem steilen Hanggrundstück vier Kame- lien aus den 1960er-Jahren. Sie sind inzwischen zu stattlichen Sträuchern von mehreren Metern Höhe herangewachsen. Im milden Klima des Lago Maggiore gehören Kamelien, zusam- men mit Rhododendren und Azaleen, seit über zweihundert Jahren zur Gartenkultur. «Die Kamelie fühlt sich offensicht- lich wohl hier», sagt Barbara Eberhard. «Man kann eine Ka- melie in den Boden setzen und sie wächst, ohne besonderes Zutun.» Grund dafür ist, dass sie hier Bedingungen wie in ihrer Heimat vorfindet. Ähnlich wie im chinesischen Yunnan, wo auf dem sauren Boden die Teepflanze Camellia sinensis wächst, regnet es häufig und die Temperaturen sind mild. Deshalb gedeiht oberhalb von Ascona, am Monte Verità, auch ein einzigartiger Teegarten. Zu Beginn war die Novizin vor allem von der Farbenpracht der Kamelien rund um den Langensee beeindruckt. Nach und nach fing sie an, sich für die verschiedenen Arten und Sorten zu interessieren. Sie versuchte, Spezialitäten zu kau- fen, die damals aber noch schwer zu finden waren. Vertiefte sich in Bücher, recherchierte im Internet, entdeckte, dass es Kamelien gibt, die im Frühling blühen und andere im Herbst. Sie liest italienische Gartenzeitschriften und nimmt an Blu- 16 B I O T E R R A 2 / 2 0 1 9 F O T O S : B E N E D I K T D I T T L I